Beckenbodenschwäche ist ein Thema, das viele Frauen betrifft, obwohl es oft verschwiegen wird. Doch eine schwache Beckenbodenmuskulatur kann weitreichende Auswirkungen auf das körperliche und emotionale Wohlbefinden haben. Der Beckenboden ist ein komplexes Netzwerk aus Muskeln und Bindegewebe, das die Organe im Beckenraum stützt und Funktionen wie Blasenkontrolle, Stuhlgang und Stabilität des Rumpfes unterstützt. Wenn dieser Bereich geschwächt ist, kann das zu Beschwerden führen, die sich auf den Alltag auswirken und die Lebensqualität beeinträchtigen.

Vor kurzem ist im Magazin YOGAWORLD (Ausgabe 06/2024) ein ausführlicher Artikel von mir zum Thema Beckenboden erschienen. Darin beleuchte ich die Anzeichen eines schwachen Beckenbodens und wie weit verbreitet dieses Problem ist. Viele Frauen leiden unter einer Beckenbodenschwäche und das nicht erst im Seniorenalter, wenn die Muskelkraft abnimmt. Im Artikel in der YOGAWORLD erkläre ich die typischen Symptome wie Inkontinenz, Schmerzen oder Organsenkungen und gebe praktische Tipps, wie du deinen Beckenboden im Alltag stärken kannst. Beispiele dafür sind das Anspannen vor dem Heben schwerer Gegenstände oder der Einsatz eines „Beckenboden-Weckers“ zur Erinnerung an das tägliche Training. Grundsätzlich ist es sehr wichtig, regelmäßig Übungen in den Alltag zu integrieren, um die Beckenbodenmuskulatur erfolgreich zu stärken.

Als Mama von zwei Kindern hatte ich nach beiden Schwangerschaften einen sehr schwachen Beckenboden. In der Rückbildungszeit musste ich viele Monate lang den Beckenboden trainieren, um wieder in meine Kraft zu kommen. Dazu musste ich sehr geduldig sein und dranbleiben, denn erst nach einem Jahr Training konnte ich die drei Beckenbodenschichten besser wahrnehmen und sie isoliert ansteuern. Der Beckenboden ist ein Muskel, der regelmäßig trainiert werden sollte, um kraftvoll und stark bleiben zu können. Daher reicht es nicht aus, einen achtwöchigen Kurs zu besuchen und danach nichts mehr zu tun. In der Rückbildungszeit nach der Geburt eines Kindes gilt ebenso wie  auch in anderen Lebensphasen: Bleibe dran und trainiere am besten jeden Tag ein paar Minuten lang deinen Beckenboden.

Ursachen einer Beckenbodenschwäche

Die Ursachen für eine Beckenbodenschwäche sind vielfältig. Verschiedene Lebensabschnitte und physische Belastungen können den Beckenboden beeinflussen:

  1. Schwangerschaft und Geburt
    Die wohl bekannteste Ursache für eine geschwächte Beckenbodenmuskulatur ist die Schwangerschaft. Während der Schwangerschaft übt das wachsende Baby mit dem zusätzlichen Gewicht zunehmend Druck auf den Beckenboden aus, wodurch die Muskulatur überdehnt wird. Vor allem bei natürlichen Geburten kann die Belastung auf den Beckenboden stark sein, besonders wenn eine lange Geburtsdauer oder ein großer Kopfumfang des Babys hinzukommen.
  2. Hormonelle Veränderungen
    Auch hormonelle Schwankungen, wie sie etwa in der Menopause auftreten, wirken sich auf die Stabilität des Beckenbodens aus. Der Rückgang von Östrogen führt zu einer Verringerung der Elastizität des Gewebes. In Folge verlieren die Muskeln ihre Spannkraft und können die Beckenorgane weniger gut stützen.
  3. Übergewicht und starkes Heben
    Ein weiteres Risiko für die Beckenbodenmuskulatur ist Übergewicht, da das zusätzliche Körpergewicht den Druck auf den Beckenbereich erhöht. Das Gleiche gilt für Tätigkeiten, die häufiges schweres Heben erfordern – sei es im Beruf oder im Haushalt. Wenn die Muskulatur des Beckenbodens nicht ausreichend trainiert ist, wird sie durch diese Belastungen zunehmend geschwächt.
  4. Chronische Erkrankungen und Veranlagung
    Chronischer Husten, etwa durch Asthma oder Rauchen, kann den Beckenboden durch die ständige Anspannung ebenfalls belasten. Auch genetische Veranlagung kann eine Rolle spielen: Manche Frauen haben von Natur aus ein schwächeres Bindegewebe oder eine geringere Muskulatur im Beckenbodenbereich.

Anzeichen einer Beckenbodenschwäche

Beckenbodenschwäche zeigt sich durch eine Vielzahl von Symptomen, die unterschiedlich stark ausgeprägt sein können. Hier sind die häufigsten Anzeichen:

  1. Inkontinenz
    Ein häufiges Anzeichen für einen geschwächten Beckenboden ist Harninkontinenz. Diese tritt oft bei Belastungen wie Husten, Niesen oder Heben schwerer Gegenstände auf und wird auch als Stressinkontinenz bezeichnet. Dabei kommt es zu ungewolltem Urinverlust, da der Beckenboden nicht mehr ausreichend Kraft aufbringen kann, um die Blase zu stützen und die Harnröhre zu schließen.
  2. Druckgefühl und Organsenkungen
    Einige Frauen spüren ein unangenehmes Druckgefühl im Unterbauch oder in der Vagina. Dies kann darauf hindeuten, dass sich die Organe – wie Blase, Gebärmutter oder Darm – absenken, da die Haltefunktion des Beckenbodens nicht mehr ausreichend gegeben ist. Diese sogenannten Organsenkungen können zu erheblichen Beschwerden führen, bis hin zu einem Gefühl des „Herausdrängens“.
  3. Schmerzen im Becken- und Rückenbereich
    Auch Schmerzen im unteren Rücken oder im Beckenbereich sind mögliche Hinweise auf eine Beckenbodenschwäche. Da der Beckenboden eng mit der Stabilität des Rumpfes verbunden ist, kann seine Schwächung zu muskulären Ungleichgewichten und einer Fehlhaltung führen, was wiederum Rückenschmerzen erzeugen kann.
  4. Blasen- und Darmprobleme
    Neben der Inkontinenz sind auch Stuhlgangprobleme möglich, da der Beckenboden auch für die Kontrolle des Anus und des Darms verantwortlich ist. Einige Frauen leiden unter Verstopfung oder einem unvollständigen Entleerungsgefühl.

Alltagslösungen zur Stärkung des Beckenbodens

Zum Glück gibt es einfache und alltagstaugliche Methoden, um die Beckenbodenmuskulatur zu stärken und einer Beckenbodenschwäche entgegenzuwirken. Hier einige praktische Tipps, die du ohne großen Aufwand in deinen Alltag integrieren kannst:

  1. Bewusste Anspannung beim Heben
    Jedes Mal, wenn du schwere Gegenstände hebst, solltest du bewusst deinen Beckenboden anspannen. Stelle dir dabei vor, du würdest versuchen, den Bereich um die Harnröhre und den Anus leicht nach oben zu ziehen. Dies hilft, den Beckenboden zu aktivieren und die Belastung auf die Muskulatur zu reduzieren.
  2. Dein Becken in Bewegung
    Lege wie auf dem Bild oben eine Hand auf dein Schambein und die andere Hand auf dein Steißbein. Mache mit dem Einatmen einen „Entenpopo“, also ein kleines Hohlkreuz und ziehe mit dem Ausatmen Scham- und Steißbein zueinander, und den Bauchnabel nach innen. Du kannst dir dabei auch vorstellen, das bildlich ein Gummiband zwischen Scham- und Steißbein befestigt ist, beim Einatmen ist das Gummiband weit und beim Ausatmen ziehst du das Gummiband zusammen. Wiederhole diese Übungen mindestens 5-10x täglich.
  3. Beckenboden-Wecker
    Der Beckenboden kann durch regelmäßiges Training gestärkt werden, aber oft vergessen wir im Alltag, uns um diese Muskeln zu kümmern. Ein „Beckenboden-Wecker“, der dich täglich an deine Übungen erinnert, kann hier Wunder wirken. Stelle dir beispielsweise dreimal täglich einen Wecker, um ein paar Minuten lang bewusst deinen Beckenboden anzuspannen und zu entspannen. So kannst du mit kleinen, aber regelmäßigen Einheiten langfristig große Fortschritte erzielen.
  4. Die richtige Haltung einnehmen
    Eine aufrechte Körperhaltung unterstützt den Beckenboden enorm. Vermeide es, lange in zusammengesackter Haltung zu sitzen, da dies den Beckenboden zusätzlich schwächt. Versuche stattdessen, bewusst aufrecht zu sitzen oder zu stehen, und stelle dir vor, wie du deine Wirbelsäule verlängerst, während der Beckenboden sanft nach oben gezogen wird. Diese Haltung hilft, die Muskulatur zu aktivieren und zu entlasten.
  5. Übungen in den Alltag integrieren
    Beckenbodenübungen lassen sich leicht in den Alltag integrieren, zum Beispiel während des Zähneputzens, beim Warten an der Ampel oder sogar beim Einkaufen. Die wichtigste Übung ist dabei das bewusste Anspannen und Entspannen der Muskulatur. Beginne damit, den Beckenboden für etwa fünf Sekunden anzuspannen, und lasse dann für weitere fünf Sekunden locker. Wiederhole dies in Serien von 10-15 Wiederholungen.

Übung für den Beckenboden

Starte in der Bauchlage und komm für die Yogübung „Sphinx“ auf deine Unterarme. Achte darauf, dass die Ellbogen unterhalb deiner Schultergelenke sind. Atme tief ein.

Mit dem Ausatmen hebst du dein Becken nach oben an, der Blick geht nach unten und du aktivierst dabei deine Körpermitte. Spüre das Anspannen deiner Bauch- und Beckenboden-Muskulatur. Wiederhole diesen Wechsel mehrmals (mind. 5-10x) hintereinander: Einatmen in die Sphinx, Ausatmen Becken anheben.

Ruhe dich nach dem Üben einen Moment in der Bauchentspannungslage aus.

Mit den Reflexpunkten den Beckenboden aktivieren

Trainiere deine drei Schichten der Beckenbodenmuskulatur, indem du diese drei Reflexpunkte aktivierst:
Reflexpunkt 1: Der Punkt zwischen den Augenbrauen, ziehe zum Aktivieren der äußeren Beckenbodenmuskulatur die Augenbrauen zueinander. So aktivierst du die äußere Beckenbodenschicht.
Reflexpunkt 2: Deine Brustwirbelsäule auf Höhe des BH-Verschlusses, ziehe zum Aktivieren der mittleren Beckenbodenschicht die Schulterblätter zueinander. So aktivierst du die mittlere Beckenbodenschicht.
Reflexpunkt 3: Der Unterkiefer, drücke zum Aktivieren der innersten Beckenbodenschicht die Zungenspitze oben an den Gaumen. So aktivierst du die innerste Beckenbodenschicht.

Mein Fazit

Beckenbodenschwäche ist ein häufiges, aber oft unbeachtetes Problem, das Frauen jeden Alters betreffen kann. Durch bewusste Anspannung, regelmäßige Übungen und kleine Veränderungen im Alltag kann der Beckenboden jedoch gestärkt werden. Indem du die Symptome frühzeitig erkennst und aktiv an der Stabilisierung deines Beckenbodens arbeitest, kannst du langfristig Beschwerden vorbeugen und deine Lebensqualität verbessern. Ein gesunder Beckenboden ist die Basis für viele Körperfunktionen – und es ist nie zu spät, ihn zu trainieren.

Weitere Inspirationen

Auf meinem YouTube-Kanal findest du verschiedenen Yoga-Einheiten zur Stärkung des Beckenbodens nach der Geburt, z.B.

Und falls du mehr zum Thema Beckenboden lesen möchtest, stöbere unbedingt mal im Yogastern Blog in der Kategorie „Mama Baby & Postnatal Yoga“. Dort findest du unter anderem diese Blogbeiträge an

Außerdem kannst du natürlich gerne meine Yogakurse in Wiesbaden oder Online besuchen. Für Frauen nach der Geburt eignet sich dazu der Videokurs zur Rückbildung und das Mama Baby Yoga. Wenn du dich als Yogalehrerin in diesem Bereich weiterbilden möchtest, empfehle ich dir meine 100h Pränatal und Postnatal Yoga Weiterbildung, in welcher du den Beckenboden in der Tiefe kennenlernst.

Schreibe mir auch gerne in die Kommentare unter den Blogartikel, welche Übungen für den Beckenboden du in deinen Alltag integrierst. Es ist immer wertvoll, Ideen und Erfahrungen auszutauschen, um den eigenen Weg zu entwickeln.

Viel Erfolg bei deinen täglichen Übungen!

Namaste,
Deine Stefanie

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